150 Jahre DRK Duderstadt – Ein Rückblick in die Geschichte
„Tutti fratelli“ – Alle sind Brüder!
Der Schweizer Kaufmann Henry Dunant wurde 1859 bei Solferino (Italien) zufällig Zeuge verheerender Zustände nach einer Schlacht. Er unterbrach seine Reise, rief die Menschen in den umliegenden Dörfern auf, Hilfe zu leisten und packte auch selbst mit an. Rund 10.000 Verwundete wurden von Freiwilligen versorgt, ganz gleich, welcher Nation sie angehörten. „Tutti fratelli“ – Alle sind Brüder!
Aufgrund dieser Erfahrungen gründete Henry Dunant 1863 in Genf das Internationale Komitee der Hilfsgesellschaften für die Verwundetenpflege, das 1876 umbenannt wurde in Internationales Komitee vom Roten Kreuz (IKRK).
Parallel dazu gründete Großherzogin Luise von Baden 1859 den badischen Frauenverein, der als Vorläufer der Rotkreuz-Schwesternschaften gilt.
Am 12. November 1863 wurde der Württembergische Sanitätsverein ins Leben gerufen, mit dem die Geschichte des Deutschen Roten Kreuzes beginnt.
1864 wurden die ersten Genfer Konventionen von 12 Staaten verabschiedet. Das erste Feldlazarett unter dem Banner des Roten Kreuzes kam 1864 nach der Schlacht von Oeversee im Deutsch-Dänischen Krieg zum Einsatz.
1901 erhielt Henry Dunant zusammen mit dem Pazifisten Frédéric Passy den erstmals verliehenen Friedensnobelpreis.
DRK Duderstadt
Die Vorläuferinnen
Georg Eduard Jordan, von 1848 bis 1859 Bürgermeister in Duderstadt, initiierte 1856 die Gründung des Vaterländischen Frauenvereins. Die Mitglieder, 42 Frauen bereits im ersten Jahr, widmeten sich vor allem der Armen- und Krankenpflege.
Geburtsstunde des DRK Duderstadt
Im Jahr 1872 haben sich der Vaterländische Frauenverein und das Rote Kreuz Eichsfeld zusammengeschlossen. Dies war die Geburtsstunde des Roten Kreuzes in Duderstadt.
Freiwillige Sanitätskolonne
1901 gründete das Rote Kreuz Duderstadt eine Freiwillige Sanitätskolonne. Die Ehrenamtlichen waren vor allem für die Erste Hilfe bei Unglücksfällen und für den Transport von Kranken und Unfallopfern zuständig. Aber auch die Ausbildung der Mitglieder stand bereits auf dem Programm.
Nach einer gemeinsamen öffentlichen Präsentation der Sanitätskolonne mit dem Vaterländischen Frauenverein – beides Abordnungen des Duderstädter Roten Kreuzes – konnte 1913 der interne Ausbau vorangetrieben und die Ausrüstung für eine professionelle Arbeit aufgestockt werden.
Der Erste Weltkrieg
Von 1914 bis 1918 verlor das Duderstädter Rote Kreuz nicht nur Mitglieder im Krieg, sondern erhielt auch neue Einsatzgebiete. Die Sanitätskolonne brachte Verwundete vom Bahnhof in Leinefelde ins Duderstädter Krankenhaus. Die Helferinnen des Vaterländischen Frauenvereins verpflegten u.a. die durchfahrenden Truppen am Bahnhof Leinefelde.
DRK-Dachverband und weltweite Vernetzung
1921 wurde das Deutsche Rote Kreuz als eingetragener Verein bürgerlichen Rechts in Bamberg gegründet und gilt fortan als Dachverband der Landesvereine. Statt im Kriegssanitätsdienst sollte sich das DRK laut Satzung „als Glied der Weltgemeinschaft des Roten Kreuzes“ nun als Wohlfahrtsverband mit Schwerpunkten in Friedensaufgaben etablieren. Um auch den Nachwuchs auszubilden, wurde 1925 in Deutschland das Jugendrotkreuz gegründet, das vor allem durch Aktivitäten an Schulen Mitglieder anwerben konnte.
Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurden Vereine und Verbände zunehmend gleichgeschaltet. Durch einen erzwungenen Wechsel der Führungsebenen und der Satzung sollte eine enge Bindung an den NS-Staat gewährleistet werden. Auch das Jugendrotkreuz wurde durch die Hitlerjugend verdrängt. Ab 1945 hing es von den Regelungen der jeweiligen Besatzungszone ab, ob die DRK-Landesverbände bestehen blieben oder aufgelöst wurden. Unabhängig davon entstand der DRK-Suchdienst, um Flüchtlingen, Vertriebenen und Überlebenden bei der Suche nach vermissten Angehörigen zu helfen.
Freie Wohlfahrtsverbände
Im Oktober 1945 wurde in Duderstadt das Hilfswerk der freien Wohlfahrtverbände gegründet, das bis 1972 Bestand hatte. Dazu gehörten das DRK, die Arbeiterwohlfahrt, der Caritasverband und die Innere Mission.
Nachkriegszeit
Die DRK-Verbände kümmerten sich dank ihrer internationalen Netzwerke in den frühen Nachkriegsjahren bis 1948 darum, dass Pakete von Angehörigen die deutschen Kriegsgefangenen in europäischen Ländern wie Jugoslawien, der Tschechoslowakei und Polen erreichten. Der DRK Kreisverband Duderstadt nahm die Päckchen im Rathaus entgegen, um sie zu prüfen und dann zur zentralen Sammelstelle nach Hamburg zu übermitteln.
DRK und JRK in zwei deutschen Staaten
Nach der Gründung der beiden deutschen Staaten wurde das Deutsche Rote Kreuz in der Bundesrepublik Deutschland e.V. am 4. Februar 1950 in Koblenz neu ins Leben gerufen. Das Deutsche Rote Kreuz der DDR wurde am 23. Oktober 1952 gegründet. Der DRK Kreisverband Duderstadt e.V. wurde am 8. Januar 1954 im Vereinsregister eingetragen.
Ab 1950 wurde auch das Jugendrotkreuz wieder aufgebaut. In der Bundesrepublik entwickelte es sich zunehmend zum außerschulischen Jugendverband, in der DDR waren die „Jungen Sanitäter“ und „Jungen Gesundheitshelfer“ an schulische Aktivitäten gebunden. Im Kreisverband Duderstadt wurde das Jugendrotkreuz 1979 etabliert. Zunächst gab es auch Gruppen in Nesselröden und Bilshausen, die später im Kreisverband zusammengefasst wurden.
1973 wurde der Grenzübergang Duderstadt-Worbis für den kleinen Grenzverkehr eröffnet. Über die Osterfeiertage 1975 und 1976 versorgten die Ehrenamtlichen des DRK Duderstadt am innerdeutschen Grenzübergang zahlreiche Menschen, die in kilometerlangen Autoschlangen stundenlang auf die Einreise in die DDR warteten.
Als in der Nacht vom 9. zum 10. November 1989 die innerdeutsche Grenze auch im Eichsfeld fiel, waren ab da die Ehrenamtlichen des Duderstädter DRK zwei Wochen lang im Dauereinsatz. Vor allem die Verpflegung der tausenden Menschen, die aus der DDR nach Duderstadt strömten, hatte oberste Priorität.
Hilfe in Notlagen und Krisengebieten
Während des Balkankrieges organisierte das Duderstädter DRK von 1992 – 1994 Hilfsgütertransporte nach Kroatien, 1993 auch nach Bosnien. 1996 wurde die Duderstädter Partnerstadt Kartuzy in Polen durch eine gemeinsame Hilfsaktion mit der Caritas, den Maltesern und der katholischen Pfarrgemeinde St. Cyriakus unterstützt.
Waisenheime und Krankenhäuser in der Ukraine wurden schon seit 1997 mit insgesamt 10 Hilfsgütertransporten bis 2009 unterstützt. Dabei wurden insgesamt Spenden im Wert von über 3 Mio. Euro überbracht, darunter OP-Tische, Zahnarztstühle und sogar ein Lkw. 2008 machte sich zudem ein Hilfsgütertransport nach Rumänien auf den Weg.
Seit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges im Februar 2022 beteiligte sich das DRK Duderstadt an mehreren Spendensammlungen und Hilfstransporten, um die Geflüchteten aus der Ukraine mit zu unterstützen.
Auch nach Naturkatastrophen helfen die Duderstädter Einsatzkräfte, wo immer sie benötigt werden, beim Hochwasser in der Duderstädter Steintorstraße und Kolpingstraße im Juni 1975 ebenso wie an der Elbe 2006 oder im Ahrtal 2021.
Kreisverband mit zwei Ortsvereinen
Der Eichsfelder DRK-Ortsverein Seulingen/Seeburg wurde zum Jahresende 2006 aufgelöst und ab Januar 2007 unter dem Ortsverein Duderstadt weitergeführt. Ende 2016 löste sich der Ortsverein Bilshausen auf und wurde ab Januar 2017 vom Ortsverein Gieboldehausen übernommen. Seitdem besteht der Kreisverband Duderstadt aus den beiden Ortsvereinen Duderstadt und Gieboldehausen.
Verschiedene Standorte
Seit der Gründung gab es Mietverhältnisse an verschiedenen Standorten, die längste Zeit am ehemaligen Schlachthof an der Industriestraße. Mit der Erschließung des Areals Feilenfabrik wurde 2007 auch das Schlachthofgebäude abgerissen. Das DRK zog mit der Geschäftsstelle und den Ausbildungsräumen in die Bahnhofstraße 33. Das Katastrophenschutzzentrum, Fahrzeuge, Großküche und Seniorenraum sowie die Kleiderkammer fanden Platz in Halle 17 am Gewerbepark Euzenberg.
Einsätze bei Großveranstaltungen
Die 2000-er Jahre waren geprägt von einigen Großveranstaltungen in der Region, wo auch die Ehrenamtlichen des DRK Duderstadt Tag und Nacht im Einsatz waren. Zu den Highlights gehörten die Eichsfeld-Festivals 2009, 2012 und 2019, alle gesponsert von Prof. Hans Georg Näder, der Besuch von Papst Benedikt XVI. in Etzelsbach 2011 und der Tag der Niedersachsen 2012. Besonders letzterer war eine Herausforderung für das DRK Duderstadt. Der Kreisverband war verantwortlich für die Planung und Durchführung des Sanitätsdienstes an drei Tagen, in denen über 100.000 Besucher in die Duderstädter Innenstadt strömten.
Und auch bei Veranstaltungsreihen wie dem Mingeröder Musikfestival, dem Duderstädter Sparkassenlauf, bei Reitturnieren und weiteren großen Events sind die Ehrenamtlichen des DRK Duderstadt regelmäßig im Einsatz.
Das neue DRK-Zentrum – Bestens aufgestellt für turbulente Zeiten
Kurz vor Weihnachten, am 23. Dezember 2019, ermöglichte eine großzügige Spende von Ottobock-Chef Prof. Hans Georg Näder den Erwerb des Gebäudes des Metallbauunternehmens Wagner in der Schöneberger Straße 9 – 11. Hier sollte ein modernes DRK-Zentrum entstehen, wo das bisherige Katastrophenschutzzentrum Am Euzenberg und die Geschäftsstelle des DRK Duderstadt mit der Ausbildungsstätte in der Bahnhofstraße wieder unter ein Dach kämen. Damit sollte ein effektiver Ausbildungs- und Arbeitseinsatz für die Ehrenamtlichen gewährleistet werden, und auch für die Einsatzfahrzeuge gab es genügend Platz direkt an der Zentrale.
Die Verbindung des DRK einerseits zu Ottobock, andererseits zu Familie Näder, bestand schon seit Jahrzehnten. Bereits Anfang der 1960-er Jahre hat Dr. Max Näder, der Vater des heutigen Ottobock-Firmenchefs, die Arbeit des DRK unterstützt. Viele Jahre war er als stellvertretender Vorsitzender des Kreisverbands und des Ortsvereins Duderstadt ehrenamtlich tätig. Neben der Verdienstmedaille des Landesverbands erhielt er 1986 das Ehrenzeichen als höchste Auszeichnung des DRK.
Ein modernes DRK-Zentrum in Duderstadt bedeutete auch Stärkung für Stadt und Region. In den folgenden Monaten zogen viele regionale Firmen, Sponsoren und Ehrenamtliche mit am Strang, leisteten Hand in Hand finanzielle und materielle Hilfe oder zeigten persönlichen Einsatz auf der Baustelle.
Die einstige Produktionshalle des Metallbauunternehmens verwandelte sich in ein modern aufgestelltes DRK-Zentrum mit Schulungsräumen, Sanitäranlagen und Aufenthaltsräumen für die Einsatzkräfte, einer Großküche, Büroräumen, Unterbringung für Einsatzfahrzeuge und mehr.
Ein besonderen Einsatz beim Umbau des neuen DRK-Zentrums zeigten interne und externe Ehrenamtliche. Ihnen gilt besonderer Dank:
Stefan Bause, Renate Berlin, Angelika Bierend, Irene Bieschke, Domenic Bollmann, Basti Brämer, Maybrit Diedrich, Regine Engelhardt, Inge Ertmer, Jutta Fahrig, Maximilian Fuhrmann, Engelbert Gatzemeier, Steffen Gellert, Nadine Gottwald, Tobias Gütter, Leon Harebin, Edith Hoffmann, Simon Huch, Ursula Imme, Michael Jacobi, Tabea Köbsch, Eva Krischok, Ben Kurlbaum, Ricardo Lange, Thomas Ludolph, Niklas März, Dominik Michels, Martina Mumdey, David Oppermann, Julie Plumenbaum, Sebastian Raabe, Sadjad Rahimi, Patrick Rausch, Doris Remin, Horst-Dieter Remin, Stephanie Rink, Wolfgang Rittmeier, Fritz Rüffert, Liselotte Rüffert, Angelika Schapnie, Anja Schmalstieg, Lena Schmalstieg, Manfred Schmalstieg, Ralf Schneegans, Dustin Schwedhelm, Merlin Schwedhelm, Benedikt Spanier, Gabi Stanischewski, Irene Stiemer, Thorsten Stolze, Lukas Teubner, Jacqueline Thiel, Jürgen Thiele, Max Timpe, Armin Waldschmidt, Heiko Wedekind, Hubertus Werner, Isabell Wiedemann, Johannes Windolph, Maria Wüstefeld, Dominik von Zwehl.
Neue Herausforderungen
Ab März 2020 kamen die erschwerten Bedingungen unter Corona-Auflagen dazu, die nicht nur die Umbauarbeiten beeinflussten, sondern auch die Einsätze. Plötzlich stand der Aufbau von Impfzentren auf dem Programm.
Seit Weihnachten 2020 konnte das neue DRK-Zentrum schließlich in Betrieb genommen werden. Da aber die Regelungen in der Pandemie eine größere Feier zur Einweihung nicht erlaubten, wurde der Termin verschoben.
2021 begann immer noch im Lockdown. Dienstabende per Zoom-Meeting, Blutspendetermine mit aufwendigen Hygienemaßnahmen, Einsätze im Schneechaos im Februar 2021 und schließlich bei der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal bleiben den Ehrenamtlichen noch lange in Erinnerung.
Einweihung des neuen DRK-Zentrums
Im September 2021 konnte das neue DRK-Zentrum bei einem Festakt mit Gästen aus Politik, Wirtschaft und weiteren Institutionen offiziell eingeweiht werden. In diesem Rahmen wurde eine Spendentafel enthüllt, auf der neben dem Hauptsponsor Prof. Hans Georg Näder auch alle Firmen, Institutionen, Privatpersonen und DRK-Ehrenamtliche aufgeführt werden, die in der Umbauphase Unterstützung leisteten.
Nachwuchsförderung
Im Jahr 2022 normalisierte sich die Pandemie-Lage. Im April wurde eine neue JRK-Gruppe ins Leben gerufen. Die Teamleitung übernahmen Isabell Wiedemann, Lena Schmalstieg und Christoph Ashauer. Seit der Gründung standen schon viele Aktivitäten mit Spiel, Spaß, aber auch die kindgerechte Heranführung an die Aufgaben der Einsatzkräfte auf den Gruppen-Programm.
Vielfältige Angebote
Das neue DRK-Zentrum bietet hervorragende Möglichkeiten, um die vielfältigen Angebote des DRK Duderstadt zu organisieren und durchzuführen. Dazu gehören Seniorennachmittage, Breitenausbildung und Erste-Hilfe-Kurse, Blutspendetermine, der Kleidershop für Secondhandwaren, Catering auf Großveranstaltungen sowie Weiterbildungen für die Einsatzkräfte.
150 Jahre spannende Geschichte und Geschichten des DRK Duderstadt sollen 2023 mit den Bürgerinnen und Bürgern aus der Region, mit Wegbereitern und Mitstreitern gefeiert werden. Wir laden alle Interessierten ein, sich beim Tag der offenen Tür am Samstag, 13. Mai, ein Bild von der Arbeit des DRK zu machen und mit unseren Ehrenamtlichen ins Gespräch zu kommen.
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